Zu Gast im Lëtzebuerger Land, 20. November 2020
François Benoy
Die Krise, die unser Land und die Welt derzeit durchlebt, verändert unsere Gesellschaft auf vielen Ebenen. Sie verändert den menschlichen Umgang miteinander. Sie verändert unser Verständnis in Hinsicht auf das menschliche Eindringen in die Natur. Und sie hat enorme Auswirkungen auf die junge Generation.
Nicht zuletzt markiert die Coronakrise aber auch eine regelrechte Zäsur für das Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft. Es wird immer offensichtlicher, dass der freie, uneingeschränkte Markt nicht die richtigen Antworten auf die heutigen Herausforderungen hat, weder im Kampf gegen Pandemien, noch in der Wohnungs- oder der Klimakrise. Der Staat muss somit vermehrt in die Wirtschaft eingreifen, so wie er es jetzt in der Coronakrise tut.
Zum einen investiert der Staat noch mehr als vor der Krise, um Luxemburg auf die Zukunft vorzubereiten mit hohen Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien, in den öffentlichen Nahverkehr, in den Wohnungsbau und auch ins Gesundheitssystem. Zum anderen unterstützt der Staat mit großzügigen Hilfen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, um unsere Wirtschaft zu erhalten und die sozialen Folgen der Krise abzufedern.
Diese Investitionspolitik ist genau das, was unser Land jetzt braucht. Doch es bleibt die zentrale Frage, wie der Staat seinen Haushalt in den nächsten Jahren auf stärkere Beine stellen und gleichzeitig die Bekämpfung der zahlreichen Krisen, mit denen unsere Gesellschaft konfrontiert ist, finanzieren kann. Ein Teil der Antwort liegt sicherlich in der Steuerpolitik und einer gerechteren Verteilung der Steuerlast.
Dazu gehört, dass der Preis der Umwelt- und Klimaverschmutzung nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt, sondern vom Verursacher getragen wird. Durch die Einführung der CO2-Bepreisung wird das Verursacherprinzip zu einem fundamentalen Teil unseres Steuersystems, wobei der finanziellen Situation der Haushalte Rechnung getragen wird.
In den nächsten Jahren gilt es, das Verursacherprinzip in unserem Steuersystem auszubauen, um so einerseits klimafreundliches Verhalten zu belohnen und andererseits neue Einnahmen zu erschließen, mit denen Zukunftsinvestitionen finanziert werden können. Um die Finanzen des Staates krisenfester aufzustellen, sollen außerdem die Auswirkungen der Haushalts- und Fiskalpolitik systematischer auf die sozial-, umwelt- und klimapolitischen Ziele bemessen und angepasst werden.
Zur Steuergerechtigkeit gehört aber auch, dass Kapitalerträge konsequenter als bisher besteuert werden. Die Reform der Besteuerung von Investmentfonds (FIS), die in luxemburgische Immobilien investieren ist hier ein erster richtiger Schritt. Gleichzeitig sollten aber auch Steuerbegünstigungen regelmäßig auf ihren Nutzen hin evaluiert und wenn nötig angepasst werden. Ein gutes Beispiel ist die Regelung zur beschleunigten Abschreibung („Amortissement accéléré“) bei Mietwohnungen, die mit dem Haushaltsentwurf für 2021 reformiert wird.
Trotz oder vielleicht gerade wegen der Corona-Krise stehen die Zeichen der Zeit immer mehr in Richtung einer Gesellschaft, die im Einklang mit dem Planeten und dessen Ressourcen leben will. Dafür muss der Staat eine größere Rolle dort übernehmen, wo der freie Markt keine guten Antworten findet. Er muss neue Wege gehen und darf nicht davor zurückschrecken, mit alten Mustern zu brechen. Luxemburg ist hier seit ein paar Jahren auf einem guten Weg. Nun gilt es, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen und diesen Weg noch ambitionierter weiter zu beschreiten.
François Benoy (déi gréng) ist Budget-Berichterstatter 2021.