Investitionen in Milliardenhöhe in den öffentlichen Transport, eine 2 bis 3-fache Ausweitung der Wind- und Solarenergie, enorme Fortschritte in Sachen Energieeffizienz und dennoch ist Luxemburg noch immer Spitzenreiter im Prokopf-Ressourcenverbrauch: übertroffen wird unser Land nur von Katar. Zusätzlich sind wir europäischer Spitzenreiter im CO2 Ausstoß und liegen mit 17 Tonnen pro Einwohner fast beim Doppelten des EU Durchschnitts.
Wir müssen der Realität ins Auge blicken: der Kohlenstoff Ausstoß Luxemburgs ist seit 2 Jahren wieder im Aufwärtstrend. Ohne zusätzliche Maßnahmen werden wir unsere Klimaziele deshalb nicht erreichen können. Alle Sektoren sind gefordert: allen voran der Transportbereich, welcher 2017 für 64,4% des Ausstoßes verantwortlich war, gefolgt von Wirtschaft (13%), Wohnbau (12,8%) und Landwirtschaft (8,4%).
Da der Transportsektor somit erstens für rund zwei Drittel der jährlichen Emissionen verantwortlich ist und zweitens diese Emissionen nun wieder wachsen, muss es unsere erste Priorität sein, diesen Trend zu stoppen und deutliche Reduktionen im Transportbereich zu bewirken.
Wir müssen den Wandel in diesem Sektor vorantreiben: z.B. durch die weitere und stärkere Förderung der sanften Mobilität sowie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Auch müssen wir die luxemburgische Abhängigkeit vom Tanktourismus brechen, da diese zukunftslose Nische weder aus finanzieller, noch aus ökologischer Sicht nachhaltig ist. Die leichte Erhöhung der Akzisen auf Benzin und Diesel, die seit Mai 2019 in Kraft ist, hat keine nennenswerte Effekte gebracht: die aktuellen Spritverkäufe (September 2019) übersteigen deutlich die Verkaufszahlen der vorherigen Jahre. Im Vergleich zu den ersten 9 Monaten des Jahres 2018 wurden in den ersten 9 Monaten dieses Jahres 4,3% mehr Diesel verkauft, beim Benzin stieg der Verkauf gar um 11,1%.
Im Bereich des Kraftstoffverkaufs besteht also Nachholbedarf. Wir müssen Luxemburgs Abhängigkeit von dieser Risikonische lösen, unsere Akzisenpolitik mit dem Pariser Klimaabkommen, den wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Einklang bringen und dadurch verhindern, dass ein business as usual unser Land an die ökologisch-finanzielle Wand fährt.
Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit
Auch die geplante Steuerreform muss klare ökologische Schwerpunkte setzen. Die Ausgestaltung der Klimamaßnahmen ist dabei sehr wichtig: Ziel muss sein, dass klimafreundliches Verhalten kostengünstiger und attraktiver wird und klimaschädliches Verhalten im Sinne des Verursacherprinzips teurer. Wäre es zum Beispiel nicht zielgerichteter und wirkungsvoller in Zukunft kleine, effizientere eAutos stärker zu unterstützen und ab einem bestimmten Gewicht und/oder Listenpreis den Kauf der schwersten und teuersten eAutos nicht mehr zu unterstützen? Ein solches gestaffeltes progressives Prämienmodell wäre zudem sozial gerechter. Auch das Thema einer CO2 Bepreisung darf in den Diskussionen um die geplante Steuerreform keinesfalls fehlen.
Die unteren Einkommensgruppen müssen für ihre Teilnahme an der Energiewende unterstützt und nicht zusätzlichen Belastungen ausgesetzt werden. Denn Menschen mit weniger finanziellen Möglichkeiten haben eine im Durchschnitt deutlich bessere Klimabilanz als Leute mit höheren finanziellen Ressourcen. So nutzen laut STATEC fast alle der wohlhabendsten Haushalte Luxemburgs ein persönliches Fahrzeug, die einkommensschwächsten Haushalte greifen dagegen verstärkt auf öffentliche Transportmittel zurück; nur 64% von ihnen benutzen ein persönliches Fahrzeug. Die einkommensschwächeren Haushalte profitieren deshalb auch deutlich stärker von der Einführung des kostenlosen öffentlichen Transports und werden gleichzeitig im Schnitt weniger durch eine Erhöhung der Akzisen auf den Sprit getroffen. Laut STATEC führen die zwei Maßnahmen für die einkommensschwächsten Haushalte zu einem durchschnittlichen Ersparnis von fast 120 €/Jahr.
Auch über die Umverteilung der Einnahmen im Rahmen der ökologischen Steuerreform müssen wir diskutieren: ein Teil der Einnahmen muss in zusätzliche klima- und umweltpolitische Maßnahmen reinvestiert werden, ein anderer Teil muss zurück an die einkommensschwachen Bürger fließen.
Die Gesellschaft ist bereit
Um unsere Zukunft klimagerechter zu gestalten muss vor allem auch kohärent über alle Politikfelder hinweg gehandelt werden. Die Wirtschafts- und Industriepolitik muss mit den Klimazielen und einer ökologischen Vision der Landesplanung in Einklang gebracht werden. Auch müssen wir Luxemburgs Finanzflüsse klimagerechter auslegen. Im Bereich der Landwirtschaft besteht ebenfalls Handlungsbedarf: durch den Umstieg auf Biolandbau und die Verminderung des Viehbestands schonen wir nicht nur das Klima, sondern fördern auch proaktiv eine bessere Wasserqualität und den Erhalt der Biodiversität.
Die Gesellschaft ist bereit für couragierte Klimaschutzmaßnahmen: laut einer rezenten ATOZ-Umfrage erwarten 73% der Befragten sich starke Maßnahmen seitens der Gesetzgeber um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Zwar werden der in Ausarbeitung befindliche Nationale Energie- und Klimaplan, das angekündigte Klimagesetz und die Steuerreform in diesem Kontext tonangebend sein, doch Klimaschutz spielt in jedes Politikfeld hinein.
In Sachen Förderung der erneuerbaren Energien und der öffentlichen Verkehrsmittel hat Luxemburg bereits eine führende Rolle eingenommen. Damit unser Land an der Herausforderung des Klimawandels wächst und zu einem wahrhaftigen Klimaschutzpionier wird, ist es unumgänglich, den Klimaschutz in allen Bereichen zu einer Priorität zu machen.
François Benoy
Abgeordneter déi gréng
Erstveröffentlichung: Luxemburger Wort, 23.11.2019